Die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die mit dem Vermerk unbefristet versehen ist, ist für die Dauer von 6 Monaten ab dem Ausstellungsdatum gültig. Bei Anträgen an Behörden oder Gerichten, kommt es auf die Gültigkeit bei der Antragstellung an. Seine Wirkungen sind – unabhängig von der Antragstellung – für alle in dem Zeugnis namentlich genannten Personen verbindlich.
Vorgelegt hatte die Frage der Oberste Gerichtshof von Österreich (OGH Wien v. 27. 5. 2020 – 8 Ob 40/19v). Da der EuGH für alle EU-Staaten entscheidet, ist eine auch in Deutschland erhebliche Streitfrage geklärt worden. So hatte 2019 noch das Kammergericht in Berlin (KG v. 28. 2.2019 – 1 W 161/19) anders entschieden. Nach dessen Ansicht war zum Nachweis der Erbenstellung durch ein EU-Nachlasszeugnis eine beglaubigte Abschrift des Zeugnisses vorzulegen, deren Gültigkeitsfrist zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch noch nicht abgelaufen ist. Auf die Antragstellung kam es danach nicht an. Insbesondere bei der Eintragung von Änderungen im Grundbuch kommt es in der Praxis immer wieder zu erheblichen Verzögerungen, so dass nicht selten bei der tatsächlichen Eintragung die Gültigkeitsfrist abgelaufen war.
Diese Auffassung wurde schon in der Literatur stark kritisiert (etwa Wachter, ErbR 2019, 696), weil so Verzögerungen beim Grundbuchamt eine neue Vorlage erfordern können. Es ist keineswegs selten, dass es bei der Eintragung zu Beanstandungen kommt, deren Behebung eine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Sind mehrere Grundstücke betroffen und damit auch verschiedenen Grundbuchämter könne sich die Probleme potenzieren. Hierzu hatten wir bereits berichtet.
Dieser für die Praxis sehr nachteiligen Auffassung ist jetzt der EuGH entgegengetreten. Damit dürfte das Problem weitgehend gelöst sein. Allerdings werden die Notare die zuständigen Gerichte auf diese Entscheidung ausdrücklich hinweisen müssen, bis die Lösung allgemein bekannt ist.
EuGH v. 1.7. 2021 – C 301/20, Zerb 2021, 358 = ZEV 2021, 581(m. Anm. Zander)