In jüngster Zeit ist insbesondere das notarielle Nachlassverzeichnis in den Focus der Rechtsprechung geraten. Während in der Vergangenheit mehr oder weniger nur die Angaben des Erben dokumentiert wurden, verlangt die Rechtsprechung mittlerweile, dass der Notar eigene Erhebungen anstellt. Bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisse hat der Notar insbesondere diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritte in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. (OLG Celle v. 29.10.2020 – 6 U 34/20)
Hierbei ist der Notar regelmäßig auch zur selbstständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen verpflichtet. Die bloße Beurkundung von Angaben des Erben reicht nicht aus. Ob der Notar zur Durchsicht von Kontounterlagen verpflichtet ist, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall bestimmen.(OLG Celle v. 25.03.2021 – 6 U 74/20) In der Regel wird der Notar die Konten der letzten 10 Jahre durchgehen müssen.
Bei auffälligen Privatentnahmen des Erblassers aus Gesellschaften muss der Notar aufklären, ob und in welchem Umfang solche Entnahmen an Dritte gezahlt wurden und ob darin Schenkungen liegen. (LG Wuppertal v. 31.01.20 – 2 O 66/18) Dem Verbleib erheblicher Zahlungseingänge muss er nachgehen, wenn diese beim Erbfall nicht mehr vorhanden sind. (OLG Köln v. 25.02.21 – 24 W 50/20 und 24 W 51/20)
Dagegen müssen Wertangaben zu einzelnen Nachlassgegenständen in dem Verzeichnis nicht enthalten sein. (OLG Düsseldorf v. 20.02.2020 – 7 W 9/20) Dies betrifft allerdings Bankguthaben nicht. Bei diesen wird der Gegenstand auch durch den Wert definiert. Anders ist es etwa bei Wertpapieren. Hier reicht im notariellen Verzeichnis die Auflistung der Zahl und Angabe der Papiere. Dem Erben hilft das allerdings nicht. Denn der Berechtigte hat auch einen Anspruch auf Wertermittlung. Diesen muss der Erbe auf Verlangen ebenso erfüllen, so dass es sich üblicherweise anbietet, auch die Werte in das notarielle Verzeichnis aufzunehmen.
Schließlich hat der Berechtigte auch das Recht, bei der Aufnahme des Verzeichnisses anwesend zu sein. Wird bei dessen Aufnahme das geltend gemachte Zuziehungsrecht missachtet, hat die Vorlage des Verzeichnisses keine Erfüllungswirkung. (OLG Köln v. 25.02.21 – 24 W 50/20 und 24 W 51/20) In der Praxis ist das Anwesenheitsrecht wenig hilfreich, allerdings kann der Berechtigte das Recht dazu nutzen, den Focus auf bestimmte Punkte zu lenken und so Ermittlungen anstoßen.