Schenkungen an den Ehegatten dürfen im Rahmen eines Pflichteilsergänzungsanspruch auch bei lange zurückliegenden Vorgängen berücksichtigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit einer Verfassungsbeschwerde einer Ehefrau befasst, die in der Regelung des § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB einen massive Benachteiligung sah. Das Gericht hat die Verfassungsbeschwerde erst gar nicht zur Entscheidung angenommen. Es hielt sie für unbegründet. Aber immerhin hat das Gericht die Nichtannahme begründet.
Nach § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB beginnt die 10-Jahresfrist und die Frist zur Abschmelzung bei einer Schenkung an den Ehegatten erst mit der Auflösung der Ehe. Wurde die Ehe also nicht lebzeitig geschieden, so wurde sie erst durch den Tod des einen Ehegatten beendet. In der Praxis ist damit auch eine langjährig zurückliegende Schenkung an den Ehegatten noch im vollen Umfang zu berücksichtigen.
§ 2325 Abs. 3 S. 3 BGB verstößt nach Auffassung der Richter weder gegen Art. 6 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Wegen der der wirtschaftliche Verflechtung der Ehegatten und den aus der Ehe resultierenden gegenseitigen Ansprüche ist eine Ungleichbehandlung von Dritt- und Ehegattenschenkungen gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat diese Regelung ganz bewußt getroffen, weil das Pflichtteilsrecht sonst auf diesem Wege ausgehöhlt werden könnte.
Auswirkungen hat die Vorschrift auch auf die Auskunftspflichten. Denn der Erbe muss über alle pflichtteilsrelevanten Schenkungen auf Verlangen des Berechtigten Auskunft erteilen. Dies kann für den Erben erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Denn regelmäßig sind über weit zurückliegende Vorgänge kaum Unterlagen zu beschaffen.
Diese besondere Regelung für Schenkungen unter Ehegatten ist in der Bevölkerung kaum bekannt. Deshalb wird dies bei Vermögensverschiebungen auch nicht immer bedacht. Wer also die Absicht hat, Pflichtteilsansprüche weichender Erben zu reduzieren, muss frühzeitig andere Wege wählen. Hier ist eine qualifizierte Beratung unbedingt geboten.
BVerfG v. 26.11.2018 – 1 BvR 1511/14
RA /FA ErbR Franz M. Große-Wilde, Bonn