Für die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts für einen Nachlass kommt es nach § 343 FamFG auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Dieser richtet sich nach dem tatsächlichen Lebensmittelpunkt. Darüber, wie dieser zu bestimmen ist und wie weit die Ermittlungen des angerufenen Gerichts gehen müssen, besteht keine Einigkeit. Insbesondere bei einem „erzwungenen Aufenthalt“, etwa in einem Pflegeheim, kann dies zum Problem werden. Besondere Konsequenzen kann dies dann haben, wenn das Pflegeheim zur Kostenreduzierung im Ausland liegt, etwa in Polen. Denn auch nach Art. 21 der EuErbVO ist der gewöhnlcihe Aufenthalt maßgeblich. In diesem Fall bestimmt dies nicht nur die ZUständigkeit, sondern auch das anzuwendende Recht.
Das OLG München hat bereits 2017 entschieden, dass sich bei einer Aufnahme in ein Pflegeheim 3 Wochen vor dem Tod die Frage aufdrängt, ob der Wechsel des Aufenthalts auf den – natürlichen – Willen des Erblassers zurückging. Nur in diesem Fall ist das Pflegeheim der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort. (So das OLG München v. 23.3.2017 – 31 AR 47/17) Für den internationalen Bereich hat das OLG Hamm (B. v. 2. 1. 2018 – I-10 W 35/17) bereits gesagt, dass der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort neben objektiven Elementen in subjektiver Hinsicht einen Aufenhalts- und Bleibewillen des Erblassers voraussetzt. Das Gleiche hatte bereits das Kammergericht in Berlin für einen Grenzpendler festgelegt.( B. v. 26.4.2016 – 1 AR 8/16)
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle kann dagegen ein Zeitraum von nur einigen Wochen eines Aufenthalts in einem Pflegeheim genügen, um einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ im Sinne des § 343 FamFG als tatsächlicher Lebensmittelpunkt zu begründen. Auf subjektive Elemente kommt es nicht an. Umfängliche Ermittlungen sind nicht erforderlich. (So jetzt das OLG Celle v. 12. 9. 2019 – 6 AR 1/19)
Die letztgenannte Auffassung ist allerdings wenig überzeugend. Auch für den gewöhnlichen Aufenthalt kommt es auf den Bleibewillen des Erblassers an. Bei fehlender Freiwilligkeit wird etwa auf die tatsächliche Integration abzustellen sein. Bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim kann nur ausnahmsweise von Freiwilligkeit ausgegangen werden.
Franz M. Große-Wilde, Bonn
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht