Für die Zuständigkeit der Gerichte in Erbangelegenheiten und häufig auch für das anzuwendende Recht kommt es nach den Regeln der Europäischen Erbrechtsverordnung (EUErbVO) darauf an, wo der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt hat. Mit einer solchen Frage musste sich das Oberste Gericht in Österreich (OGH) befassen. Zunächst hat der OGH als allgemeinen Grundsatz festgehalten, dass grundsätzlich ein Erblasser nur einen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben kann. Diesen Rückschluss zieht das Gericht aus der Zielsetzung der EUErbVO, nur ein Erbrecht anzuwenden, unabhängig davon, wo Vermögen in Europa befindlich ist. Der OGH bekräftigt also noch einmal, dass eine Nachlassspaltung nach der EUErbVO nicht mehr in Betracht kommt. Ausnahmen kommen nur noch im Rahmen der Anwendung von Vorschriften der Länder in Betracht, die der EUErbVO nicht beigetreten sind.
In diesem Sinne hatte bereits 2020 der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH v. 16.7.2020 – C-80/19 – (EE)). Nach dieser Entscheidung liegt ein Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug dann vor, wenn der Erblasser die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates hatte und im Zeitpunkt seines Todes seinen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat, aber seine Verbindung zu dem ersten Staat nicht abgebrochen hat. Der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort ist dann von der mit der Sache befassten Behörde in nur einem dieser Mitgliedsstaaten festzulegen.
Mit einer derartigen Fallkonstellation hatte sich jetzt der OGH in Österreich zu befassen. Hier hatte sich eine österreichische Staatsangehörige, die aber schon seit Jahren in Spanien wohnhaft und dort auch fest verwurzelt war, zu einer längerdauernden Krankheitsbehandlung in eine Klinik in Österreich begeben. Da während der Behandlung kein dauernder Aufenthalt in der Klinik, aber regelmäßige Behandlungen nötig waren, hatte die spätere Erblasserin ein Apartment in der Nähe angemietet, das sie während der Behandlungen bewohnte. Dazwischen kehrte sie immer wieder nach Spanien zurück. Sie verstarb schließlich in Österreich. Der OGH hielt in diesem Fall die österreichischen Gericht für nicht zuständig. Ein krankheitsbedingter Aufenthalt in einem anderen EU-Land begründet dort kein gewöhnlichen Aufenthalt, so der OGH. Die Nachlassangelegenheit ist damit in Spanien abzuhandeln.
OGH Wien v. 26.5.2021 – 2 Ob 48/21d