Nichteheliche Kinder, die vor dem 1. 7. 1949 geboren worden waren, verfügten ursprünglich über kein Erbrecht nach ihrem nichtehelichen Vater, weil keine Verwandtschaft begründet wurde. Der Gesetzgeber hat nach entsprechenden Entscheidungen der Europäischen Gerichte diese Regelung zunächst für alle Erbfälle nach dem 29. 5. 2009 aufgehoben und für die Fälle, in denen der Staat Erbe geworden ist, einen finanziellen Ausgleichsanspruch geschaffen. Diese Regelung halten sowohl der EuGH als auch der EMGR für nicht ausreichend.
Die Stichtagsregelung in Art. 12 § 10 NEhelG verstößt nach Auffassung der Gerichte gegen Art. 14 EMRK, weil die Rechtsicherheit zur Begründung nicht ausreichend ist. (EuGH v. 23.03.2017 – 59752/13 und 66277/13, FamRZ 2017, 829; EGMR v. 9.2.2017 – 26792/10, FamRZ 2017, 656).
Der Bundesgerichtshof hat jetzt festgestellt, dass auch für Erbfälle vor dem 29.5.2009 der Ausschluss vom Erbrecht nach § 1589 Abs. 2 a.F. BGB die betroffenen Kinder in ihren Rechten aus Art. 14 EMRK verletzt. Bestand also zwischen den Beteiligten jedenfalls nach der Wiedervereinigung eine Nähebeziehung, und fehlen andere nahe gesetzliche Erben, konnte sich bei weit entfernten Verwandten kein Vertrauen bilden. In diesem Fall ist Art. 5 S. 2 ZwErbGleichG teleologisch dahin zu erweitern, dass das nichteheliche Kind als Erbe eingesetzt ist. (So der BGH v. 12.07.2017 – IV ZB 6/15, MDR 2017, 1129 = ZEV 2017, 510)
Der Wertersatzanspruch des nichtehelichen Kindes gegen den Staat gem. Art. 12 § 10 Abs. 2 S. 1 NEhelG umfasst jedenfalls keinen Nutzungsersatz in Form erwirtschafter oder ersparter Zinsen (BGH v. 18.10.2017 – IV ZR 97/15, MDR 2017, 1428
Franz M. Große-Wilde, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in Bonn