Der Erblasser ( Dr. G) war Inhaber von umfangreichen Unternehmensbeteiligungen. In seinem Testament setzte er seine 2 Kinder als Erben zu je 1/2 ein und setzte seiner Ehefrau (H.G.) ein Rentenvermächtnis aus. Hínsichtlich der Verteilung verfügt er:
“ Sämtliche X-Aktien und sämtliche Anteile an Gesellschaften, die X-Aktien besitzen, erhält unser Sohn R..Im Zeitpunkt des Todes von Dr. G. ist der Wert des Vermögens zwischen Frau Frau H.G. und dem Steuerberater A festzustellen. Ist der Wert höher als der Betrag, den der Sohn zu beanspruchen hat, so ist er insoweit gegenüber seiner Schwester ausgleichspflichtig.
Die Feststellungen über die Höhe des Vermögens sind für die Erben bindend. Können sich Frau H.G. und Herr A nicht über die Höhe des Vermögens einigen, entscheidet das Gutachten eines Sachverständigen, der gewählt werden soll von Frau H.G., Herrn A und Herrn B. Bei der Wahl genügt Stimmenmehrheit.“
Nach seinem Tod 1972 kam es nach vollständiger Umsetzung des Testaments im übrigen zum Streit über die Höhe der Ausgleichszahlung wegen der Unternehmensanteile. Steuerberater A. hatte den Wert 1975 nach dem „Stuttgarter Verfahren“ mit rund 7,5 Mio DM berechnet. Die Ehefrau H.G. hatte dieser Wertberechnung 1984 zugestimmt.
Ein von der Schwester beauftragter Gutachter schätzte den Wert der Beteiligungen auf 200 Mio. DM. Im gerichtlichen Verfahren ermittelte der vom Landgericht beauftragte Gutachter den Wert mit 20 Mio. DM. Auf der Basis dieses Wertes war nach Ansicht des Oberlandesgerichts die Ausgleichszahlung zu ermitteln. Eine Bestimmung des Wertes von zum Nachlass gehörenden Unternehmensanteilen durch im Testament benannte Dritte ist offenbar unbillig, wenn diese nicht begründet wird und das eingesetzte Verfahren den nach der Ertragswertmethode zu bestimmenden Wert um ein Vielfaches unterschreitet. In derartigen Fällen hat das angerufene Gericht eigene Feststellungen zu treffen.
Grundsätzlich hätte die Schwester den vom Testamentsvollstrecker vorgesschlagenen Teilungsplan angreifen und durch einen eigenen Plan ersetzen müssen. Hiervon hat das OLG ausnahmsweise abgesehen. Sieht eine Teilungsanordnung vor, dass einer von 2 Miterben bestimmte Nachlassteile erhalten soll und dem anderen eine Ausgleichszahlung leisten soll, kann der andere diesen ausnahmsweise unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen, wenn die betroffenen Vermögenswwerte durch den Testamentsvollstrecker bereits übertragen sind und der Nachlass im übrigen einvernehmlich hälftig aufgeteilt worden ist. Insoweit konnte die Schwester ihren Bruder unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
OLG Düsseldorf v. 21.9.2018 – 7 U 67/17
bearbeitet von
Rechtsanwalt Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Erbrecht