Für Testamentsvollstrecker ist es in Zeiten der Niedrigzinspolitik nicht mehr einfach, Vermögenswerte so anzulegen, dass sie Erträge erbringen, ohne sie gleichzeitig allzusehr zu binden. Ganz besonders macht sich dieses Problem bei Behindertentestamenten bemerkbar. Offene Immobilienfonds oder die Anlage in Aktien oder Anleihen kommen deshalb zunehmend ins Blickfeld. Allerdings geht ein Testamentsvollstrecker in diesen Fällen ein nicht geringes Risiko ein, weil ja derartige Anlagen auch schiefgehen können. Bei einem Behindertentestament sollte der Erblasser deshalb sinnvollerweise auch Anlagemöglichkeiten mit auf den Weg geben.
Über einen derartigen Fall hatte jetzt das LG Bremen entschieden. Hier hatte der Testamentsvollstrecker Gelder in einem offenen Immobilienfonds, der zum Anlagezeitpunkt durch mehrere Gerichtsentscheidungen als mündelsicher beurteilt wurde, angelegt. Später kam es zum Streit, als der Fonds überraschend geschlossen wurde, und die Erstattung der Anlage aus den Erlösen der veräußerten Immobilien erfolgte.
Nach Auffassung des LG löst das Vorgehen des Testamentsvollstreckers keine schuldhafte Pflichtverletzung aus, wenn der Erblasser die mündelsichere Anlage des Nachlasses anordnete und aus dem Anlagevermögen den Erben laufende Erträge zugewandt werden sollten. Denn hier musste der Testamenstvollstrecker einerseits Erträge erzielen, gleichzeitig aber eine mündelsichere Anlage umsetzen. Der Verbleib auf einen Sparkonto war keine ernsthafte Alternative. Insoweit war das Vorgehen des Testamentsvollstreckers nicht zu beanstanden.
LG Bremen v. 21.6.2019 – 4 O 1796/17
zusammengefasst von
Rechtsanwalt Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Erbrecht in Bonn