Der Bundesgerichtshof hat sich in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung mit der unentgeltlichen Übertragung von Grundbesitz unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts befasst. Derartige Gestaltungen sind für die sogenannte vorweggenommene Erbfolge beliebt.
Zum Verständnis der Entscheidung muss man wissen, dass der BGH bei der Schenkung von Grundbesitz unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechtes die Auffassung vertreten hat, dass sich der Schenker hierdurch noch nicht von der wirtschaftlichen Nutzung getrennt hat. Hierdurch beginnt dann die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht schon mit der Übertragung des Grundstückes, sondern erst mit dem Erbfall. Insbesondere Schenkungen nur zur Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen wurden dann ausgehebelt, wenn der frühere Eigentümer immer noch eine so große Rechtsposition hatte, dass es für ihn im Ergebnis keinen Unterschied machte.
Bei Wohnungsrechten war die Situation bislang noch etwas unübersichtlich. In seiner aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jetzt dargelegt, dass die Behandlung eines Wohnungsrechtes ganz wesentlich von dessen Ausgestaltung abhängt. Behielten sich im aktuellen Fall etwa Eltern im Zuge einer Übertragung eines von ihnen bewohnten Grundstückes lediglich noch an bestimmten Räumen ein Wohnungsrecht vor, und ist der im Ergebnis größere Teil des Grundstückes auch wirtschaftlich auf den Beschenkten übergegangen, so läuft in diesen Fällen die Zehnjahresfrist bereits ab der Übertragung. Wesentlich ist hierbei auch, ob das Wohnungsrecht auch Dritten überlassen werden kann, und ob die Rechte des Erwerbers auch noch anderen Einschränkungen unterliegt. Ist letzteres der Fall, kann es sein, dass die Frist erst mit dem Tode beginnt. Durch diese Entscheidung werden offene Fragten für derartige Vorgänge geklärt.
BGH v. 20. 6.2016 – IV ZR 474/15 – ZEV 2016, 445