Bei einer langjährigen beruflichen Tätigkeit eines deutschen Staatsangehörigen im Ausland stellt sich im Erbfall häufig die Frage, wo der gewöhnliche Aufenthalt ist. Nicht selten schließt sich die Frage an, welches Eherecht gilt, wenn er während dieser Zeit geheiratet hat. Die Gerichte beantworten diese Frage nicht einheitlich und orientieren sich oft am Einzelfall.
In einem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall war der spätere Erblasser Ingenieur. Er war seit Beginn der 90er Jahre weltweit tätig, vorwiegend im fernen Osten (China, Japan, Korea, Indien). Seinen amtlichen Wohnsitz hatte er durchgehend in Deutschland, wo er sich auch ärztlich behandeln ließ. 2010 gründete er in China ein Ingenieurbüro, von aus er dann seine Geschäfte betrieb. 2013 heiratete er in Wuhan (China) eine Chinesin. Mit dieser kam er 2014 nach Deutschland zurück, wo er mit dieser seine Eigentumswohnung bezog. Auch seine Ehefrau meldete sich 2014 in Deutschland an. Im Januar 2015 verstarb er in Deutschland. Das AG war noch der Ansicht, dass er seinen gewöhnlichen Aufnethalt in China gehabt habe. Anders das OLG Düsseldorf. Dieses sah den Aufenthalt in China nur als vorübergehend an. Dies galt auch für das Ehegüterrecht. Bei einem nur vorläufigen Aufenthalt in China und Planung des baldigen Umzugs nach Deutschland nach der Heirat mit einer Chinesin in China fehlte es an einem feststellbaren gemeinsamen Aufenthalt in China. Demnach war im Erbfall der Anteil der Ehefrau um 1/4 nach 1371 BGB zu erhöhen. (OLG Düsseldorf v. 20. 6. 2018 – I-3 Wx 214/16)
Das OLG Frankfurt sah dies etwas anders, aber auch der Fall lag anders. Der Erblasser hielt sich hier seit 2004 berufsbedingt den überwiegenden Teil des Jahres in China auf und kehrte von dort nur während seines Urlaubs nach Deutschland zurück. 2007 erwarb er anlässlich eines Urlaubs ein Haus in Deutschland, in dem er sich während seiner folgende Urlaube aufhielt. 2014 heiratete der Erblasser eine Chinesin, die er im Verlauf seines Aufenthalts in China kennen gelernt hatte. Die Heirat war während eines kurzen Deutschlandurlaubs. Anschließend kehrten die Eheleute nach China zurück, wo sie bis zum Tod des Erblassers in China 2017 einen gemeinsamen Hausstand unterhielten.Langjährige berufliche und soziale Bindungen des Erblassers im Ausland führen nach Ansicht des OLG Frankfurt auch dann zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland, wenn der Erblasser die Absicht hatte, später wieder zurück zu kommen. Wegen der vom ausländischen IPR angeordneten Anwendung des Erbrechts am Belegenheitsort ist für in Deutschland gelegenes Grundvermögen im Rahmen einer Nachlassspaltung deutsches Recht anzuwenden. Das chinesische Ehegüterrecht stellt eine Errungenschaftsgemeinschaft dar und führt weder im Wege der Substitution noch im Wege der Anpassung zur Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB. (OLG Frankfurt vom 14.9.2020 – 21 W 59/20)