Der Nutzungsvertrag des Inhabers eines Kontos bei einem sozialen Netzwerk geht nach § 1922 grundsätzlich auf die Erben über. Mit seiner Entscheidung hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das gegenteilige Urteil des Kammergerichts aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Der Streit betraf einen Facebook-Account.
Die Erben haben auch einen Anspruch, Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu erhalten. Die Klauseln zum Gedenkstatus von Facebook sind unwirksam.
Der Inhalt des Vertrages ist auch nicht höchstpersönlicher Natur. Die vertragliche Verpflichtung von Facebook zur Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten ist kontobezogen. Sie hat nicht zum Inhalt, diese an eine bestimmte Person zu übermitteln, sondern an das angegebene Benutzerkonto. Der Absender einer Nachricht kann zwar darauf vertrauen, dass die Facebook sie nur für das von ihm ausgewählte Benutzerkonto zur Verfügung stellt. Es besteht aber kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nur der Kontoinhaber und nicht Dritte von dem Kontoinhalt Kenntnis erlangen. Zu Lebzeiten muss mit einem Missbrauch des Zugangs durch Dritte oder mit der Zugangsgewährung seitens des Kontoberechtigten gerechnet werden und bei dessen Tod mit der Vererbung des Vertragsverhältnisses.
Eine Differenzierung des Kontozugangs nach vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten scheidet aus. Nach der gesetzgeberischen Wertung gehen auch Rechtspositionen mit höchstpersönlichen Inhalten auf die Erben über. So werden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe vererbt, wie aus § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB zu schließen ist. Es besteht aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.
Auch das vom KG angeführte Fernmeldegeheimnis steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Der Erbe ist, da er vollständig in die Position des Erblassers einrückt, jedenfalls nicht „anderer“ im Sinne von § 88 Abs. 3 TKG. Schließlich kollidiert der Anspruch der Klägerin auch nicht mit dem Datenschutzrecht. Die seit dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) steht dem Zugang der Erben nicht entgegen. Datenschutzrechtliche Belange der Erblasserin sind nicht betroffen, da die Verordnung nur lebende Personen schützt. Die der Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten immanente Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kommunikationspartner der Erblasserin ist sowohl nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO als auch nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig. Sie ist sowohl zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kommunikationspartnern der Erblasserin erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO) als auch auf Grund berechtigter überwiegender Interessen der Erben (Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO).
Der BGH hat damit die insbesondere für den Erbrechtler nicht nachvollziehbare Entscheidung des KG aufgehoben und das ursprüngliche Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
BGH v. 12. 7. 2018 – III ZR 183/17
RA/FAErbR Franz M. Große-Wilde, Bonn