In Rechtsprechung und Literatur war es streitig, ob einem zunächst als Miterben eingesetzten Pflichtteilsberechtigten nach der Ausschlagung gemäß § 2306 BGB die Auskunftsansprüche nach § 2314 BGB zustehen. Das OLG Celle hatte hier 2006 die Ansicht vertreten, dass er sich als Miterbe die nötigen Informationen selbst hätte verschaffen können. Die überwiegende Mehrheit der Gerichte und die Literatur waren hier gegenteiliger Ansicht. Mit dieser grundsätzlichen Frage hatte sich deshalb der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen.
Dieser legte jetzt fest, dass dem Pflichtteilsberechtigten nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 I BGB ein Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB zusteht. Das Gericht hat sich damit der Mehrheitsansicht angeschlossen. (BGH v. 30. 11. 2022 – IV ZR 60/22)
Mit vergleichbaren Fragen hatte sich auch das OLG Düsseldorf (U. v. 4. 8. 2022 – 7 U 202/21) auseinanderzusetzen. Hier war dem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen wurde, der geringer war als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Ob es weitere Belastungen gab war streitig. Jedenfalls hat der Pflichtteilsberechtigte insgesamt ausgeschlagen. Das Landgericht meinte, dass durch die Ausschlagung der Pflichtteil weggefallen sei, weil es keine zusätzlichen Belastungen gab und des-halb ein Fall des § 2306 nicht vorlag. Das sah das OLG anders. Der Kläger hatte hier auch dann einen Auskunftsanspruch über den Nachlassbestand, wenn er den Erbteil ausgeschlagen hat. Ihm bleibt jedenfalls der Zusatzpflichtteil nach § 2305, für dessen Berechnung die Auskunft erforderlich ist.
Komplizierter war schließlich ein Fall, den das OLG München zu entscheiden hatte. Hier war dem Pflichtteilsberechtigten ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteilsanspruchs ausgesetzt worden. Hat er dieses Vermächtnis angenommen, stehen ihm nach Ansicht des OLG München (U. v. 21. 11. 2022 – 33 U 2216/22) keine auf § 2314 BGB gestützten Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche zu. Er kann aber einen aus § 242 BGB resultierenden Auskunftsanspruch geltend machen, der aber lediglich auf Vorlage eines einfachen Nachlassverzeichnisses gerichtet ist.
Die Literatur hält überwiegend zu Recht diese Ansicht für verfehlt und billigt auch in diesem Falle die Ansprüche nach § 2314 BGB zu (so etwa Horn in NK-BGB, § 2174, Rn. 22; Rudy in: MK-BGB, § 2174, Rn. 8; BGHZ 28, 177; BGH MDR 1986, 561)